Steffen Wippel

Auswirkungen der Europäischen Währungsunion in ihrem regionalen Umfeld, Marokko als Beispiel für ein Mittelmeerdrittland.

In: Orient 41(2000)4, S. 617 - 632.


Die Bildung der Europäischen Währungsunion wird sich nicht nur in erheblichem Maße auch auf das regionale Umfeld des westeuropäischen Wirtschaftsblocks auswirken. Von der Schaffung eines einheitlichen europäischen Währungsgebietes ist Marokko als unmittelbarer Nachbar mit engen Beziehungen zur EU besonders betroffen. Der Beitrag analysiert Art und Umfang der erwarteten Effekte. Erschwert werden Prognosen aufgrund der fortbestehenden Ungewißheiten über die künftige Außenwertentwicklung des Euro.

Die Einführung des Euro wirkt sich auf andere Länder im Rahmen ihrer zahlungsbilanzrelevanten Transaktionen mit der EWU aus. Direkte Effekte betreffen die Währungszusammensetzung der außenwirtschaftlichen Transaktionen. Im Vergleich zu den in ihm aufgehenden europäischen Währungen wird der Euro in den Transaktionen Marokkos mit dem Ausland voraussichtlich stärker als bisher als Recheneinheit, Zahlungsmittel und Wertaufbewahrungsmittel verwendet werden. Als dauerhafte Vorteile ergeben sich für Marokko eine größere Transparenz und Berechenbarkeit der außenwirtschaftlichen Rahmenbedingungen und ein vereinfachter Zugang zu dem einheitlichen Wirtschafts- und Währungsgebiet. Außerdem ist zu erwarten, daß sich die Währungszusammensetzungen der Leistungs-, Kapital- und Devisenbilanz langfristig einander annähern werden.

Realwirtschaftliche Effekte resultieren aus der wirtschaftlichen Entwicklung der EWU in Folge der Euro-Einführung und beeinflußen den Umfang des marokkanischen Außenhandels mit der EWU und daraus folgend die gesamtwirtschaftliche Produktion des Landes. Allerdings werden sich Wachstumseffekte erst auf längere Frist bemerkbar machen und sehr viel kleiner ausfallen als diejenigen, die aus einer erfolgreichen euro-mediterranen Partnerschaft herrühren. Preiseffekte ergeben sich durch die internationale Wechselkursentwicklung des Euro; ihre Wirkungen auf die marokkanische Leistungsbilanz und die Last der Auslandsverschuldung hängt von der Wahl des Euro als Ankerwährung ab. Bleibt die Euro-Schwäche gegenüber dem Dollar bestehen und verläuft die Außenwertentwicklung des Dirham weiterhin parallel zum Euro, wird sich dies für Marokkos Leistungsbilanz eher vorteilhaft auswirken, die Schuldenbelastung des Landes dagegen erhöhen. Der heftige Verfall des Euro-Außenwertes gegenüber dem Dollar seit 1999 hat in Marokko bereits zu heftigen Diskussionen über eine Abwertung des Dirham und eine stärkere Anbindung an den Euro geführt.

Quelle: Banque Marocaine du Commerce Extérieur (BMCE).


Siehe auch:
- ausführliche Studie (als Diskussionspapier)
- französische Fassung (in Critique Economique)

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