Steffen Wippel

Islamische Wirtschafts- und Wohlfahrtseinrichtungen in Ägypten zwischen Markt und Moral.

LIT-Verlag, Hamburg, Münster 1997, XLII + 391 S.


Seit den 70er Jahren erarbeitet eine "Islamische Ökonomik" die Grundlagen für die praktische Umsetzung islamischer Wirtschaftsvorstellungen. Vor allem die islamischen Finanzinstitute, die ohne Zinsen arbeiten, haben Aufmerksamkeit erregt. Die vorliegende Forschungsarbeit widmet sich der Praxis des zeitgenössischen islamischen Wirtschaftens in Ägypten. Hier fanden die ersten bedeutsamen Experimente mit islamischen Wirtschafts- und Wohlfahrtseinrichtungen statt. Im Vergleich zu anderen Staaten der Region herrscht ein relativ liberales Umfeld, das unterschiedlichen Lebensentwürfen noch am ehesten die Möglichkeit bietet, sich zu entfalten. Eine große Vielfalt islamischer Einrichtungen, die weit über traditionelle Verhaltensformen und die Etablierung Islamischer Banken hinausreicht, konnte in Konkurrenz zu konventionellen Organisationen entstehen. Die unterschiedlichen Ausprägungen und Entwicklungen, auch der tatsächliche "Erfolg" der "Islamischen Wirtschaft" lassen sich hier in besonderer Breite und Tiefe untersuchen.

Zur Analyse werden systemtheoretische Ansätze herangezogen, die das Wechselspiel zwischen verschiedenen Systemebenen und -teilen, die Dynamik der Systementwicklung und das Abgrenzungsverhalten von Systemen berücksichtigen. Dargestellt werden die politischen, wirtschaftlichen und sozialen Rahmenbedingungen, unter denen sich die islamischen Wirtschafts- und Wohlfahrtseinrichtungen entwickelten, ihre Interaktionen, personellen und organisatorischen Verflechtungen mit unterschiedlichen Interessengruppen und ihre sich daraus ergebenden Handlungsmöglichkeiten. Gezeigt wird, daß es sich bei der Mehrzahl der betrachteten Erscheinungen nicht um rückwärtsgewandte, sondern um "moderne" Institutionen handelt, die versuchen, effizient und marktorientiert zu arbeiten, dabei Traditionen kreativ weiterentwickeln und einbauen in die weitere Evolution des Systems. Wirtschaftsanthropologisch gesehen bedeutet dies den Versuch, die Grenzen zwischen "Mikro-" und "Moralökonomie" neu zu definieren.


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Zur Reihe "Studien zur Volkswirtschaft des Vorderen Orients" beim LIT-Verlag


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