Steffen Wippel

"Islam" und "Islamische Wirtschaft". Vertreter des religiösen und politischen Islam und die islamischen Wirtschafts- und Wohlfahrtseinrichtungen in Ägypten.

Diskussionspapiere Nr. 45, Freie Universität Berlin, Fachbereich Wirtschaftswissenschaft, Fachgebiet Volkswirtschaft des Vorderen Orients, hrsg. von Dieter Weiss, Das Arabische Buch, Berlin 1995, 64 S., DM 19,90.


Zwischen dem religiös-politischen und wirtschaftlich-sozialen Spektrum des zeitgenössischen Islam in Ägypten bestehen vielfältige Interaktionen. Vertreter des religiösen und politischen Islam äußern je nach Staatsnähe und politischer Ausrichtung unterschiedliche Ansichten zu wirtschaftlichen und sozialen Fragestellungen, beteiligen sich an theoretischen Diskussionen über eine islamische Wirtschafts- und Sozialordnung und unternehmen Versuche, in der Wirtschaftsrealität Einfluß zu nehmen und persönliche und organisatorische Verflechtungen mit islamischen WWE zu knüpfen.

Orthodoxe Rechtsgelehrte betonen vor allem religiös-moralische Aspekte des Wirtschaftens. Als Berater können islamischer Finanzinstitutionen sie eine Rente aus ihrer gesellschaftlichen Position beziehen. Nach dem weitgehenden Verlust der awqâf als finanzielle Basis religiöser Einrichtungen, gab es Versuche, die zakât-Sammlung in von ihnen kontrollierte Kanäle zu zwängen. Vorbereitet haben die heutige Diskussion um eine islamische Wirtschaftsordnung modernistische Religionsgelehrte und politische Gruppierungen wie die Muslimbrüder. Auch die Umsetzbarkeit der Ideen wollten die Muslimbrüder schon früh aufzeigen; heute sind eher einzelne Unternehmer als Sympathisanten der Muslimbrüder bis in die größten Firmengruppen hinein wirtschaftlich aktiv. Zunehmend übernahmen islamistische Gruppen soziale Aktivitäten, die sie für breite Schichten der Bevölkerung attraktiv machen.

Soweit sie sich mit wirtschaftlichen und sozialen Fragen befassen, fördern die Vertreter des religiösen und politischen Islam eher einen kapitalistischen Entwicklungsweg, den soziale Komponenten abfedern sollen, als einen sozialrevolutionären Ausweg aus dem aktuellen Entwicklungsdilemma Ägyptens, der nur selten ihren eigenen Interessen entsprechen würde. Die direkte Involvierung von Vertretern des religiösen und politischen Islam, die eher aus den staatsnäheren als aus den radikalen Segmenten des islamischen Spektrums stammen, in die islamischen WWE bleibt jedoch letztendlich beschränkt. Radikalere Gruppierungen hingegen kritisieren die Kollaboration mit dem Staat und versuchen eine eigene "Gegenkultur" aufzubauen.


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