Sebastian Gräfe
Privatunternehmer und Unternehmerverbände
im Prozess wirtschaftlicher Liberalisierung. Klientelstrukturen, Patronage und
Aneignung von Renten im ägyptischen Saatgutsektor.
Diskussionspapiere Nr. 92, Freie Universität Berlin, Fachbereich
Wirtschaftswissenschaft, Fachgebiet Volkswirtschaft des Vorderen Orients, hrsg.
von Dieter Weiss und Steffen Wippel, Klaus Schwarz Verlag, Berlin 2003, €
12,80.
Die Studie widmet sich den Veränderungen rentierstaatlicher Strukturen in Ägypten während der wirtschaftlichen Liberalisierungsmaßnahmen der letzten Jahre. Im Mittelpunkt steht das ambivalente Verhältnis zwischen Staat und Privatsektor. Als empirischer Rahmen dient die Reform des ägyptischen Saatgutsektors, von der sich die Regierung einen wichtigen Beitrag zur Lösung des prekären Ernährungsproblems erhofft. Die Arbeit versucht exemplarisch zu beantworten, ob die Existenz von Unternehmerverbänden erste Anzeichen für die Bildung einer autonomen Zivilgesellschaft darstellt. Neben der Rolle der Verbände im Prozess institutioneller Reformen im Saatgutsektor wird auch ihr Agieren im Gesetzgebungsprozess zur Umsetzung des WTO-Abkommen zu handelsbezogenenen Rechten geistigen Eigentums (TRIPS) untersucht.
Als These wird davon ausgegangen, dass der Privatsektor durch die Integration in klientelistische Netzwerke zur Stabilisierung des Systems beiträgt und traditionelle politische Verfahren und Strukturen nicht in Frage stellt. Die Unternehmer haben außer der Verbesserung ihres wirtschaftlichen Umfeldes keine weitreichenderen politischen Ambitionen.
Die Studie versteht sich als Beitrag zur Debatte über die Interdependenz wirtschaftlicher und politischer Liberalisierung. Sie stellt die in den vergangenen Jahren häufig in Bezug auf Ägypten geäußerte Position in Frage, dass das Herrschaftsmonopol der Staatsklasse durch das seit der infitah erstarkende Bürgertum erodiere.
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